Guten Tag, einmal Mindestlohn bitte.
Die Überschrift mag komisch klingen, jedoch lässt das Thema schnell vermuten das es nicht komisch bleibt. Jedoch betrachte ich es mit einem Hauch Sarkasmus, gewürzt mit Salz und Zucker. Schließlich möchte der Leser ja auch Unterhalten werden.
Ich habe selbst über 10 Jahre in einem Größeren Unternehmen gearbeitet, wo ich das Gefühl gehabt habe respektiert zu werden. Gerade durch dieses leidige Corona Thema, wurden viele in Kurzarbeit geschickt oder entlassen. Corona ging finanziell gesehen, halt nicht so gut an den meisten vorbei, wie an einem VW Mitarbeiter.
Meine Reise führte mich an verschiede Orte. Ein Job als KFZ Überführer, Spielhallenaufsicht und Aushilfsfahrer im Personentransfer eines Altenheimes und das ach so beliebte Call Center. Ich lasse mal außen vor das Harz 4 plus die finanziellen Hilfen für Miete etz. die man vom Amt bekommt nur unwesentlich geringer sind, als das Gehalt für 172 Arbeitsstunden im Monat.
Mir geht es um den Psychologischen Teil, welcher mir persönlich neue Wege gezeigt hat. Ich fange mit der aus Psychologischer Sicht erschreckendsten Arbeit an. Die Spielhalle. Oder die Halle der lebenden Toten.
Ich habe mich mit meinem echten Lebenslauf beworben und der Chefin wurde schnell klar, dass ich nicht der typische Mindestlohnarbeiter bin und die Arbeit mich höchstwahrscheinlich schnell langweilen würde. An Ihrer Mimik und Gestik konnte man Ihr gut ansehen, dass Sie fast sicher war, es wäre besser andere Bewerber vorzuziehen. An dieser Stelle kam mein Talent zu gute oder vielmehr das was mir beigebracht wurde. Reden, beobachten und argumentieren bis der Gegenüber mir glaubt. Ja, ich bin Verkäufer,… kleiner Smiley.
Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass Ihr Bauchgefühl gesagt hat, der bleibt nicht lange. Mit dem verschwende ich meine Zeit. Aber wie so viele Menschen, hat Sie nicht auf ihren Bach gehört. Wahrscheinlich kam mir auch zu Gute, dass Bewerber einem nicht gerade die Bude einrennen wenn Sie Mindestlohn hören.
Letzten Endes hat Sie kein Hehl draus gemacht, dass es knapp war. Zwei, Drei mal, hat Sie darauf hingewiesen das es knapp war. Aber Sie gibt mir eine Chance. Was für ein Glück,… Herzlichen Dank.
Der Psychologisch interessante Teil war nicht die Arbeit. An und für sich nicht schwer, einfach die Bude halbwegs sauber, Geld wechseln, Getränke für die Gäste bereitstellen und freundlich begrüßen. Ich möchte das nicht schlecht reden, es ist auch eine Arbeit die getan werden muss. Zugute, möchte ich noch anmerken, dass der Stundenlohn durch Trinkgelder schnell mal um 1-2 Euro durch Trinkgelder erhöht wird. Es sind im Übrigen nicht die Gewinner die immer Trinkgelder zahlen. Die Gäste wurden von mir freundlich begrüßt, mit Süßigkeiten und Getränken versorgt ohne dass der Gast nachfragen musste. Darüber hinaus wurde sehr viel Wert gelegt das die Aschenbecher nicht überquollen. Die Gäste honorierten das oft. 20 Cent hier, 50 Cent da,… das klingt nicht viel, jedoch wenn viel los war kamen so schnell bis zu 3 Euro extra die Stunde bei raus. Also freute ich mich über jeden Cent.
Ich habe Menschen gesehen die sonst nicht wussten was Sie machen sollen, Menschen die einfach gern mal spielen aber nach meinen Recherchen waren 90 Prozent Spielsüchtig. Stundenlang blicken Sie auf den Monitor, immer kurz, fast, nur ein kleines Stück vom Glück entfernt. Zumindest dachten Sie das. Natürlich waren das genau diejenigen von den man nie Trinkgelder bekam. Zu dem kam ein altes Ehepaar, beide waren früher sehr aktiv doch im hohen Alter war Skifahren nicht mehr im Bereich ihrer Möglichkeiten. Sie sagten selbst dass Sie gern spielen und obwohl Sie 3-mal die Woche kamen, waren Sie für mich nicht Spielsüchtig. Sie verspielten pro Besuch je nie mehr 50 Euro. Aus finanzieller Sicht, war dies für die beiden nur ein kleiner Betrag also durchaus im Rahmen Spielgeld. Aber das war nicht, was ich an den beiden komisch fand. Ich fand es komisch, dass die beiden über 100 Kilometer weit weg gewohnt haben und Sie soweit fuhren damit niemand der Sie kennt jemals erfährt das Sie spielen. Ja, jedes Paar hat sein kleines schmutziges Geheimnis. Wie die beiden miteinander redeten und sich nach 40 Jahren Ehe noch ansahen hat echt mein Herz berührt. Das war echt schön anzusehen. Doch die meisten starten einfach nur Stundenlag auf den Bildschirm, hackten Wahnhaft auf den Knöpfen rum und fühlten sich gestört, wenn man Sie fragte ob man was für Sie tun kann. Selbst ein kleiner Augenblick für ein kurzen Augenkontakt und ein freundliches nein danke waren schon Zuviel gewünscht.
Dafür bezahlt zu werden zuzusehen wie andere Geld verlieren und noch viel schlimmer zuzusehen wie Menschen beim Glücksspiel Ihre Seele verlieren ist echt traurig. Da ich viel Zeit für Beobachtungen hatte, bemerkte ich schnell dass die Gäste ihren Verlust von Seele und Geld selbst herbei gesehen hatten. Eigentlich hätten die meisten mit Gewinn die Halle verlassen können. Es klingt zunächst Merkwürdig, dass die Automaten Hersteller sogar dafür gesorgt haben dass die Automaten häufiger Gewinne ausschütten, aber Sie haben halt die Psychologie der Spieler und Spielerinnen verstanden. Nach einem ersten kleinen Gewinn hat man die Möglichkeit sein Gewinn durch weiteres Risiko zu steigern. Genau dabei kam dann einer der größten Menschlichen Fehler zum Tragen. Der Mensch bekommt nie genug. Anstatt im Auge zu behalten, was habe ich eingezahlt, wo ist mein aktueller Stand, gab es nur noch die Sucht, einer geht noch, eine Stufe noch, naja nur noch ein,.. und schon verloren. Mist. Dann gleich noch mal. Für jemanden der dem Glücksspiel nichts abgewinnen kann, war das echt traurig. Für die Spieler jedoch, der reinste Nervenkitzel.
Die meisten kamen mir vor wie leere Hüllen. Opfer der Generation problemlos. Wer jetzt glaubt das Spielhallen voll von sozialschwachen Mensch sind, täuscht sich gewaltig. Oft haben Menschen gleichzeitig an mehreren Geräten gespielt und Hunderte an Euro verbrannt. Nicht ein oder zweimal im Monat sondern Stammgäste. Menschen die nahezu täglich kamen um Ihre sucht zu befriedigen. Obwohl es mir untersagt war die Spieler unnötig anzusprechen, immerhin soll man Sie ja nicht unterbrechen, Sie könnten ja sonst mal darüber nachdenken was Sie da tun und sich reflektieren. Habe ich mit vielen Gästen gesprochen und genau da viel es mir wie schüppen vor den Augen. Ein Teil der Spieler blieb auf einmal länger als sonst. Nicht weil Sie eine Glückssträhne hatten, sondern weil sich jemand mit Ihnen unterhält. Sie waren einsam, gefangen in einer einsamen Welt, gingen Sie an einen Einsamen Ort um mit anderen Menschen die Einsam sind, einsam vor einem Computer zu sitzen. Gemeinsam Einsam ist das Erfolgsrezept einer jeden Spielhalle.
Diese Einsamkeit zu sehen, mitzuerleben und auch noch zu unterstützen,… macht den Job in einer Spielhalle zu einem der traurigsten Jobs die es gibt. Für gewöhnlich werden diese Jobs an Menschen vergeben die nicht wirklich eine Wahl haben und froh sind überhaupt irgendeine Arbeit zu haben.
Ihre Meinung interessiert mich, schreiben Sie mir Ihre Gedanken und Erfahrungen zu dem Thema und ich freue mich, Sie auch bei dem nächsten Kapitel begrüßen zu dürfen. Wobei ein Schluss kann man sanft ausklingen lassen oder noch einen drauf legen. Da Sie mir als Leser/in sehr wichtig sind, leg ich noch einen drauf. Spielhallen dürfen pro Gast per Gesetz 1 Getränk servieren. Für mehr haben und bekommen Sie keine Lizenz. Mir wurde daher beigebracht neue Gäste genau zu beobachten und mir wurde mehre Indizien genannt, dass derjenige der da rein gekommen kein Spieler sondern jemand vom Ordnungsamt ist. Spielenden Gästen würde so viel serviert wie Sie wollten. Dies war eine direkte Anweisung der Chefin. Ergo, ich wurde zwar informiert dass ich nur 1 Getränk servieren darf, aber übergeordnet befohlen mich über die gesetzlichen Bestimmungen hinwegzusetzen. Sehe das nur ich so das dort irgendwo ein Fehler versteckt ist ?